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"Ein Garten verändert sich ... "

Evang. Immanuel-Kindergarten, Stadtbergen, Bayern

Es ist eine spannende Entwicklung, auf die der Evangelische Immanuel-Kindergarten in der Kleinstadt Stadtbergen in jüngster Zeit blickt. Seit knapp zwei Jahren verändert sich sein Garten Stück für Stück, und das ohne großes Budget. Ideengeber und Projektentwickler sind die 25 Kinder selbst, die mit ihren Erfahrungen und Interessen „ihren“ Garten selber gestalten und dabei viel Fantasie beweisen.

Alles begann mit Holzi, einer liebenswerten Zaunfigur. Holzi tauchte plötzlich über Nacht am Gartenzaun des Immanuel-Kindergartens auf und gesellte sich zu den bereits vorhandenen Zaunfiguren. Holzi war klein, also ein Zaunfigurenkind? Aber woher kam er? Hatten die Zaunfigurenerwachsenen vielleicht Nachwuchs bekommen? Oder hatte wohl eher jemand seinen Dachboden entrümpelt …? Noch während die Kinder darüber diskutierten, hatten sie den sympathischen Kerl schon in ihr Herz geschlossen. Von da an wurde Holzi zum treuen Spielkameraden. Ob beim Kochen in den Spielhäusern oder in anderen Rollenspielen, Holzi wurde gehegt und gepflegt, und manches Mal über das Wochenende mit nach Hause genommen.

Doch die Kinder wollten mehr. Mehr hölzerne Spielgefährten. Und so entwarfen sie mit einer Pädagogin weitere Zaunfiguren. Der Mann einer Mitarbeiterin übernahm die Sägearbeiten, die Kinder wurden zu MalermeisterInnen. Uns so gesellte sich als nächstes Holzine zur Zaunfigurenfamilie …

Stadtbergen liegt im Landkreis Augsburg. Zaun an Zaun residiert der evangelische Kindergarten mit dem katholischen, die Gegensätze sind allerdings groß. Während die elfgruppige katholische Einrichtung über tolle Klettergerüste und ein ausgefeiltes Spielplatzangebot verfügt, arbeitet der eingruppige evangelische Kindergarten nach dem Reggio-Ansatz. Den Kindern wird als ForscherInnen und EntdeckerInnen die Möglichkeit zur Selbsterfahrung gegeben. Auch die Raumgestaltung, das Materialangebot, die Haltung der ErzieherInnen und die Dokumentation folgen den Interessen der Kinder. Reggio wird auch im Garten sichtbar.

„Wir haben kein vorgefertigtes Konzept, die Veränderungen in unserem Garten passieren nach und nach. Dabei lassen wir uns von den Ideen der Kinder leiten“, erklärt Imke Knoll, die Leiterin der Einrichtung, die gleichzeitig Reggio-Fachkraft ist, „zum Einsatz kommen in erster Linie naturnahe Materialien, die vom Spielcharakter her nicht festgelegt sind.“ So wurde der Garten mit Baumstämmen und Brettern aufgepeppt, aus denen die Kinder in mühevoller Arbeit eine „Mauer“ entstehen ließen. Auch eine „Naturküche“ kam dazu. Die Kinder schneiden dort Fallobst vom alten Apfelbaum und kochen mit Sand und Steinen, am liebsten in echten Töpfen und Pfannen.

Ihre Arbeit dokumentieren die Kinder mittels Fotografieren oft selber – das ist Teil der Portfolioarbeit. Auch wenn das halbe Motiv von einem Arm verdeckt wird, kommt das Bild in die ganz persönliche Portfoliomappe. Um das alles zu verwirklichen, ist der familiäre Kindergarten auf die Hilfe der Eltern angewiesen, sei es durch gelegentliche Mitarbeit oder das Veranstalten von Flohmärkten, die wichtig für die Finanzierung von Projekten sind. Erziehungspartnerschaft wird in Stadtbergen groß geschrieben. Darüber hinaus gibt es einen Elternbeirat, der mitgestaltet. Durch Gemeinschaftsaktionen soll zudem das Miteinander in der Elternschaft gestärkt werden. „Das Schöne ist, dass Eltern bei uns die Möglichkeit haben, sich – je nach ihrer Kompetenz – einzubringen. Eine Mutter, beispielsweise, ist Köchin und Food Stylistin. Sie hielt kürzlich einen Vortrag zum Thema „Ernährung“, berichtet Imke Knoll.

Was macht eine natürliche Umgebung ohne vorgefertigtes Spielmaterial nun mit den Kindern? Imke Knoll und ihre Kolleginnen können beobachten, dass die Kinder in dem Garten richtiggehend aufblühen und kreativ werden, etwa in unterschiedlichsten Rollenspielen. „Weiters sehen wir, dass Kinder die Umgebung zum Rückzug nutzen, wenn sie sich etwa unter den hängenden Zweigen unseres alten Baumbestandes verkriechen“, erzählt die Kindergartenleiterin.

Jetzt, in den Wintermonaten, stand das Vergnügen im Schnee natürlich im Vordergrund. Aber die Kinder freuen sich schon auf den Frühling, wenn die unter der Schneedecke verborgene Matschbaustelle wieder zum Vorschein kommt. Diese wurde in gemeinsamer Arbeit vom Elternbeirat und den Kindern geschaffen. Was sonst noch ansteht im Naturgarten? „Mal sehen“, meint Imke Knoll, „wir beschäftigen uns gerade viel mit dem Erfinden und Erzählen von Geschichten. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Kinder das Thema mit in den Garten tragen und sich daraus etwas Neues, Wunderbares entwickelt.“

Text: Susanne Sonnleitner, Fotos: Evang. Immanuel-Kindergarten