Editorial 4/2025
Raum-Träume und Traum-Räume
Welches Kind und welche pädagogische Fachkraft in Kindergarten, Krippe oder Hort träumt nicht von Räumen, die alle Stücke spielen? In denen es unendlich viel Platz gibt und trotzdem die Wege kurz sind? In denen kindgerechte Möbel stehen und sich die dort arbeitenden Erwachsenen ebenso wohlfühlen? In denen die vorbereitete Umgebung gelingt und zugleich die Freiheit des Spiels regiert? Räume, die Ästhetik ausstrahlen und doch das kreative Chaos zulassen? Die Sicherheit bieten ohne einzugrenzen?
Träume sind Schäume, sagt man. Allerdings muss es erlaubt sein, von Räumen zu träumen und sich für deren Verwirklichung einzusetzen. Nicht immer braucht es große Neu- oder Umbauten, manchmal sind es gerade kleine Veränderungen, die das Raumempfinden positiv beeinflussen. Es entscheidet auch nicht nur die Anzahl der Quadratmeter, sondern mindestens genauso die gestalterische Qualität. Nicht die teuerste oder aktuell gefragteste Ausstattung ist die beste, sondern jene, die am besten den Bedürfnissen kleiner und großer Menschen einer Einrichtung gerecht wird.
Martha Muchow (1892–1933) war eine deutsche Pionierin der sozialräumlichen Kindheitsforschung und frühe Vertreterin eines kindzentrierten Blicks auf Räume, die Kinder als Expert*innen ihrer Lebenswelten betrachtete. Sie betonte, dass Räume die Entwicklung von Kindern nachhaltig beeinflussen. Wer Kinder ernst nimmt, muss also auch die ihnen zur Verfügung stehenden Räume ernst nehmen. Deshalb braucht es bewusst gestaltete Entwicklungs-, Spiel- und Bildungsräume, in denen Kinder ihre Spuren hinterlassen können, so Muchow.
Alle Orte haben eine Botschaft und jeder Raum, ob drinnen oder draußen, wirkt auf uns. Räume senden Signale, machen etwas mit uns, lösen Reaktionen aus. Besonders Kinder sind empfänglich für den Aufforderungscharakter der sprichwörtlichen „vier Wände“. Es ist Teil der pädagogischen Verantwortung von Trägern und Fachkräften, kinderfreundliche Orte zu schaffen, die der Wahrnehmung, Perspektive und Orientierungsfähigkeit junger Menschen entsprechen. Wahrscheinlich sollte jeder Raum-Traum damit beginnen, dass jedes Kind seinen Traum-Raum beschreibt …
In dieser Ausgabe von UNSERE KINDER finden sich viele brauchbare Überlegungen, die sowohl pädagogische wie auch bauliche Aspekte umfassen. Technisch-architektonische Umsetzungen sind ebenso Thema wie die gemeinsame Planung unter der Devise „Auf Kinder hören – für Kinder bauen“. Dazu berichten Kolleg*innen über ihre manchmal unter erschwerten Bedingungen durchgeführten, aber gelungenen Projekte. Nicht unerwähnt bleiben sollen die Artikel zur Bedeutung der Außenräume in freier Natur und zur Wichtigkeit kindlicher Spiel-Räume.
„Komm, bau ein Haus, das uns beschützt, pflanz' einen Baum, der Schatten wirft und beschreibe den Himmel, der uns blüht! Lad' viele Kinder, Alte und auch Tiere ein ins Haus, versammle sie bei unser'm Baum! Lass sie dort fröhlich tanzen, wo keiner ihre Kreise stört!“ Mit diesen Liedzeilen von F. Barth wünsche ich Freude beim Lesen und Mut für alle beruflichen und privaten Baustellen.
Unser Artikel
für Sie aus dieser Ausgabe

Inhaltsverzeichnis
der aktuellen Ausgabe 4/2025
Gute Räume für alle - Verschiedene Bedürfnisse und Funktionen unter einen Hut bringen
4
Spielumgebungen drinnen & draußen - Eine psychomotorische Perspektive
8
Der Wald - ein Raum voller Möglichkeiten
11
Alles findet seinen Platz - Kinder geben Dingen jenen Wert, den wir ihnen beimessen
12
Zwischen Chaos und Potenzial - Die Garderobe als Ort von Mikrotransitionen
14
Partizipative Raumgestaltung - Bildungsräume können im Dialog mit Kindern entstehen
17
Kindergarten im Container - Mit Vertrauen und Teamgeist gute Lösungen finden
20
Herausforderungen beim Umbau - Der Weg zum neuen Pfarrkindergarten Öblarn/Stmk.
22
Margarete Schütte-Lihotzky - Österr. Feministin, Antifaschistin, Architektin und Erbauerin vieler Kindergärten
24
Premysl Pitter (1895 - 1976) - Erzieher aus Prag, Pionier der gewaltfreien Erziehung, Toleranz und Versöhnung im Porträt
25
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