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Gemeinsam auf dem Weg zur Teamkultur

Supervision als begleitender Prozess

 

UKI_5_2021_Artikel

Der Begriff Team ist ein Sinnbild für unsere menschliche Sehnsucht nach gemeinsamem, verantwortungsvollem Zusammenwirken. Auf ein Ziel hin orientiert wollen die jeweiligen Eigenheiten und Kompetenzen der Persönlichkeiten genutzt werden. Gruppendynamisch betrachtet haben Wechselsituationen, also Abgang und Neubeginn von KollegInnen, besonderen Einfluss. Stets gilt es, vorhandene Einzigartigkeiten gekonnt einzusetzen und nicht Menschen „ins Team zu biegen“. Teams definieren sich durch ihre Zusammensetzung ebenso wie durch die interaktiven und kooperativen Fähigkeiten der Mitglieder.

Jedes Team ist anders …

… und weltweit einzigartig, so wie es im Moment gerade ist. In dieser Einzigartigkeit steckt die Chance, Besonderheiten zu erkennen und zu nutzen. Gleichzeitig bedeutet dies aber auch Herausforderungen und Arbeit. Geplante und angeleitete Reflexionszeiten (z. B. Teambesprechungen oder Supervisionen etc.) geben die Zeit und Möglichkeit, das eigene Team bzw. die Teamkultur zu erforschen. Die Trägerorganisation und die Leitung einer Einrichtung müssen sich genauso um ihre Teams kümmern wie ein Team um sich selbst. Welche Verantwortungen ergeben sich für die einzelnen Teammitglieder – sowohl für sie persönlich, als auch als Teamplayer?

In jeder elementarpädagogischen Einrichtung stellt das Miteinander im Team eine notwendige Basis dar. Je klarer und transparenter kommuniziert wird, je bewusster und zielgerichteter gehandelt wird, umso stabiler und flexibler das Teamwork. Die Atmosphäre, die daraus entsteht, hat eine bedeutende Wirkung auf das Verhalten und Wohlgefühl von Kindern, Eltern und MitarbeiterInnen.

Gesunde Teams stärken gesunde Arbeitskräfte

In unserer Zeit gibt es eine Fülle an Anforderungen und unterschiedlichen Erwartungen (gesellschaftlich, politisch, sozial, pädagogisch, kulturell …). Zum einen stellen wir Ansprüche an uns selbst, zum anderen werden von außen Ansprüche an uns herangetragen. Es gilt, die eigenen und fremden Ansprüche zu managen, Veränderungen offen zu begegnen und Bewährtes zu pflegen.

So schafft beispielsweise ein „Roter Faden durchs Kindergartenjahr“ Orientierung und Beständigkeit – sowohl für eine solide Teamkultur als auch für persönliche Entwicklungen.

Wo Menschen zusammenkommen, treffen Welten aufeinander. Die Herausforderung besteht darin, unsere Blicke zu weiten für die unterschiedlichen Weltanschauungen und Überzeugungen der KollegInnen. Im Sinn der Aussage des Religionsphilosophen Martin Buber „Der Mensch wird am Du zum Ich” sollen wir neugierig und offen sein für anderes, auch wenn es neu ist oder vielleicht sogar im Widerspruch zu unserer Meinung steht. Es vertieft die Team-Identität und ermöglicht Weiterentwicklung, sich nicht gegenseitig korrigieren oder miteinander in Konkurrenz zu treten, sondern Vielfalt als Bereicherung zu sehen.

Voraussetzung dafür ist, dass wir unsere Persönlichkeiten zur Verfügung stellen und unsere Potenziale einsetzen. Damit das gelingt, gilt es sich selbst immer wieder neu zu entdecken, z. B. anhand dieser Fragen:

  • Was kann ich gut und was bringe ich gern ein?
  • Wo liegen meine Grenzen und Schwächen?
  • Sorge ich gut für mich und wo tanke ich auf?
  • Was nährt und stärkt mich?
  • Was kann bzw. will ich nicht?
  • Wie kommuniziere ich?

Bleibe ich mir selbst in meinem Sein und Werden treu, so kann ich mich meinem Team konstruktiv und bereichernd zur Verfügung stellen. Dazu gehört übrigens auch, sich als „begrenztes Wesen“ wahrzunehmen und dieses zu bejahen …

Respektvoller Umgang miteinander

Eine gesunde Teamkultur geht Hand in Hand mit einer gesunden Fehlerkultur. Der offene Umgang mit Fehlern hilft uns und dem Team, Erfahrungen zu sammeln und ermöglicht Entwicklung. Wir müssen – individuell und gesamtgesellschaftlich – üben, das Scheitern, Misslingen und Fehlermachen als hilfreiche Wegweiser zu „begrüßen“, durch die wir wachsen können. Selbstsicheres Eingestehen von Fehlern entlastet uns von zu hohen Perfektionsansprüchen.

Genauso wichtig ist die Pflege einer Kultur der Wertschätzung, von kollegialer Achtsamkeit und gegenseitigem Respekt. Es stärkt und nährt, ein Teamtreffen mit einer „Ein-Wort-Wertschätzungsrunde“ zu eröffnen. Gelingen und Erfolg wollen kommuniziert und präsentiert werden, als Energiequelle für uns selbst und als Motivation für unser Team. Eigenlob stimmt!

Für die notwendige Reflexion und Weiterentwicklung der Einzelnen und des ganzen Teams braucht es eine qualitätsvolle Feedback- Kultur. Die Mitglieder gesunder, reflektierter Teams lernen einander stets in den Stärken und Schwachpunkten kennen. Dazu zwei entlastende Devisen:

  • „Niemand kann alles, und jede/r kann etwas.“
  • „Niemand muss bzw. darf alles machen, aber jede/r braucht den richtigen Platz zum Wirken.“

Ein starkes Team

Neue MitarbeiterInnen bringen frischen Wind ins Team, während jeder Abschied von Teammitgliedern eine Leerstelle hinterlässt. Teams mit hoher Fluktuation bzw. häufigem Wechsel der Zusammensetzung, was in elementarpädagogischen Einrichungen oft der Fall ist, sind stark gefordert. Veränderungen bringen Chancen und neue Ausrichtungen, aber auch Unstimmigkeiten, Widerstände und Konflikte mit sich. Dazu kommen persönliche, zwischenmenschliche oder unerwartet heftige gesellschaftliche Herausforderungen (etwa zuletzt die Pandemie). In solchen Situationen wird sicht- und spürbar, welche Kultur und Haltung ein Team prägt, was es zusammenhält und wie stark es ist. Es braucht also „Teamresilienz“.

Unter Teamresilienz versteht man die Fähigkeit, entstehenden Schwierigkeiten und Krisen standzuhalten, sie abzuwehren bzw. kreativ und professionell damit umzugehen. Die Nutzung aller vorhandenen Ressourcen, gemeinsames Handeln sowie professionelle Kommunikation führen zum Erfolg. Durch bewusste Reflexion lassen sich bewährte Teamstrategien herausarbeiten, um diese künftig noch gezielter einsetzen zu können, was wiederum die Resilienz stärkt. Genau hier setzen Supervision und Coaching als qualitätssichernde und präventive Werkzeuge an.

Unterstützung für die Teamarbeit

Im Sozialbereich und zunehmend auch in pädagogischen Einrichtungen gibt es Supervision als fix im Dienstvertrag verankerte, den Berufsalltag regelmäßig begleitende professionelle Reflexionszeit. Einzelpersonen und Teams bekommen also den Auftrag bzw. die Möglichkeit, sich selbst, ihre Arbeitssituationen und ihr Handeln kritisch zu beleuchten. Die im pädagogischen Alltag bekannte „Hilfe zur Selbsthilfe“ bildet gemeinsam mit Selbsterforschung und Selbstfürsorge die Grundlage der Supervision:

  • Wie ticke ich, wie ticken wir als Team?
  • Was brauche ich für mich, um meine Arbeit professionell ausüben zu können und gesund zu bleiben?
  • Wo stehen wir und wohin entwickeln wir uns als Team?

Zum lösungsorientierten Ansatz eines Supervisionsprozesses zählt, Raum und Zeit zu erhalten, um sich als Team zu spüren, um Unstimmigkeiten und Konflikte aufzuarbeiten, Stärkendes hervorzuheben sowie eine Fehler-, Wertschätzungs- und Feedback- Kultur zu etablieren. Alle Beteiligten sind aufgefordert:

  • Beobachtungen, Gefühle und Dynamiken zu entdecken und anzusprechen,
  • Wünsche und Ideen zu äußern und zu diskutieren,
  • individuelle „Schätze“ zu heben und dem Team zur Verfügung zu stellen,
  • nächste Schritte zu planen.

Supervision ist unbedingt als begleitender Prozess zu sehen, der sich stets nach den Bedürfnissen des Teams und seiner Mitglieder richtet. Es braucht Übung, Mut und Zeit, um im Alltag selbstverständlich reflektierend und kommunizierend unterwegs zu sein.

Fazit

Um als starke Persönlichkeit stabil im Leben und im Beruf zu stehen, möge jede/r Einzelne für sich selbst Sorge und Verantwortung tragen. In jedem Arbeitsteam treffen einander vielseitige und wertvolle Charaktere mit ihren Erfahrungen, Vorlieben, Ideen, Arbeitsweisen, Kommunikationsmustern und Selbstverständnissen. Erwachsen miteinander umzugehen heißt: „Ich bin nicht du“ bzw. „Ich muss dich nicht wissen.“ Nützen wir unsere Kommunikationsfähigkeit, um einander stets aufs Neue kennenzulernen und aufzuklären, zu berichten und zu fragen, zu verstehen und zu korrigieren, Nachsicht zu zeigen und sich gegenseitig zu bereichern. So bleiben Teams spannend und dynamisch, die einzelnen Mitglieder individuell und selbstständig verantwortlich.

Wenn es in elementarpädagogischen Einrichtungen eine gute gelebte Teamkultur gibt, so trägt dies langfristig zur Gesundheit und hohen Arbeitszufriedenheit aller MitarbeiterInnen bei – ganz im Sinne der jüngsten Mitglieder unserer Gesellschaft!

 

 

Bildnachweis: 123RF.com/nullplus

Birgit Detzlhofer, MSc

Jahrgang 1975. (Sonder-)Kindergarten- und Hortpädagogin, psychosoziale Beraterin und diplomierte Lebensberaterin, Supervisorin (seit 2012 in eigener Praxis), Referentin in der Erwachsenenbildung, Team- und Gruppenbetreuungen.

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