Ausgabe 2/2019
EDITORIAL
Erwünschte Nebenwirkungen
Als mein Sohn im Kindergartenalter war, habe ich angefangen, ihm Pullover selbst zu stricken. Oberteile mit wilden Geschöpfen oder Autos vorne drauf, die es zu kaufen gab, haben einfach nicht zu ihm gepasst. Am liebsten hat er ohnehin die weitergegebene Kleidung seiner Cousins getragen. Bei meiner Tochter war ich froh, dass sie ein T-Shirt und einen Pyjama mit "Hello Kitty"-Motiv von Opa und Tante geschenkt bekommen hat. So hat sie auch "dazugehört" und wir haben diese Maschinerie nicht unterstützen müssen.
Natürlich taucht da schnell die Frage auf: Bedeutet bewusster Konsum Verzicht? Muss ich Kindern etwas vorenthalten, um ein ruhiges Gewissen der Umwelt gegenüber haben zu können? Die Antwort lautet: Ja! Wir müssen auf manche Dinge verzichten, wenn wir nachhaltig leben wollen! Selbstverständlich ist es bequemer, einfach einzukaufen, ohne viel dabei nachzudenken! Aber auf den zweiten Blick ist es eine riesige Bereicherung, bewusst zu konsumieren, zu gebrauchen und verbrauchen! Es ist besser für die Geldbörse, zweimal zu überlegen, ob man etwas wirklich braucht, auch wenn man dann zu Produkten greift, die einem selber und der Umwelt guttun.
Das erlebe ich z. B. bei Kräuterwanderungen. Eine Wiese ist nicht einfach grün, eine Wiese besteht aus unzähligen einzelnen Pflanzen. Das sieht aber nur, wer genau hinschaut. Gelegentlich spaziere ich als Kräuterpädagogin mit Kindern über Wiesen und durch den Wald, um mit ihnen Pflanzen zu entdecken, die man gut essen kann, die beim Gesundwerden helfen oder einfach schön anzuschauen sind. Von manchen Eltern erfahre ich später, dass die Kinder das eine oder andere Spiel ihren FreundInnen gezeigt haben oder dass sie bei jedem Spaziergang ein paar Kräuter und Blüten sammeln, um sie daheim zur Jause aufs Butterbrot zu legen. Keine noch so teure Jause der Welt kann dieses Gefühl wettmachen: Ich kann mir selbst etwas Gutes tun!
Niemand ist gern auf jemand anderen angewiesen und doch lassen wir uns so vieles abnehmen und andere darüber entscheiden, was für uns das Beste sein soll. Wir lassen uns oft einreden, dass wir hauptsächlich Geld ausgeben sollen. Dabei kann etwas, was sich nicht in Euros bewerten lässt, so viel wertvoller sein. Selbstgemachtes steigert den Selbstwert – nicht nur beim Essen. Die selbstgebastelten Elfenflügel für den Fasching haben meine Tochter auch mental beflügelt, ganz anders als eine von acht Prinzessinnen im Billig-Kleid zu sein. Man benötigt einen zweiten Blick, um diese Kleinigkeiten zu schätzen. Oft ist es die Angst davor, keine Anerkennung zu bekommen.
Krabbelstube, Kindergarten und Hort spielen dabei eine große Rolle. In dieser Ausgabe finden Sie Anleitungen, wie sie Kinder darin bestärken können, Bedürfnisse von Wünschen zu unterscheiden und vielleicht später weiter zu denken als bis zum nächsten Online-Shop-Portal.
Viel Freude beim Lesen und beim Erkunden von den Dingen, die wenig kosten und dafür einen wertvollen Beitrag für uns alle leisten können.

Judith Moser-Hofstadler
Redakteurin
Inhaltsverzeichnis
der Ausgabe 2/2019
Unser Thema
Konsum und Kindheit - Fast rund um die Uhr werden Kinder umworben. Sie müssen lernen, mit den tagtäglichen Einflüsterungen umzugehen.
4
Verbraucherbildung für Kinder - Elementarpädagogik-Materialpaket
9
Haben ist nicht der einzige Wert - Viele Kinder wachsen in einer Gesellschaft auf, in der Marken den Selbstwert bestimmen.
10
Wie aus einer alten Socke - Praxissplitter BAfEP St. Pölten
12
Unsere Praxis
Mit Kindern die Zukunft gestalten. Jetzt. - Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Elementarpädagogik
14
Kürbisse, Erdäpfel ... und Müll Praxissplitter
19
Unsere Lebenswelt
Viele Ideen für Nachhaltigkeit - Den schonenden Umgang mit Ressourcen im Kindergarten (vor)leben
20
Menschen im Porträt
Margit Gasser- Südtiroler Kindergartenpädagogin und Umweltaktivistin
22
Praxis Spotlight
Draußen sein - Holzprojekte aus zwei Kindergärten "Vom Baum zum Baustein"
26
Service
Bücher ... für Sie ausgewählt 27
Plattform 32