Ausgabe 3/2021
Hand, Material und Werkzeug im schöpferischen Dialog
Manche Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Bereits längere Zeit nahm sich die UNSERE KINDER-Redaktion eine Ausgabe vor, die sich mit der Frage nach „Handwerk“ bzw. „Werkzeug“ in der Frühpädagogik beschäftigt. Nun ist das Werk gelungen und das vorliegende Fachjournal erscheint zu diesem zentralen Thema. Schließlich unterscheidet uns Menschen der Werkzeuggebrauch von den meisten Tierarten und unsere schöpferische Begabung ermöglicht die Gestaltung der Umwelt, Kultur und Entwicklung.
„Der Hände Werk“ lautete 2019 der Titel einer Ausstellung auf der Schallaburg (NÖ), die eindrucksvoll Geschichte(n) zu Werkzeug, Handwerkskunst und Materialbearbeitung erzählte. Vor allem aber machte die Schau deutlich, wie wichtig heute, wo viele Betriebe händeringend FacharbeiterInnen suchen, der Kompetenzaufbau (auch) in diesen Bereichen ist. In deutschen Kindergärten engagieren sich übrigens die Handwerkskammern seit Jahren in diesem Sinn mit Aktionen unter dem Motto „Kleine Hände, große Zukunft“. Und die „Roboterpsychologin“ Martina Mara von der Johannes Kepler Universität Linz hält die menschliche Fingerfertigkeit auch im digitalen Zeitalter für unschlagbar: „Maschinen können handwerkliches Geschick nicht leisten, weil sie über die eingespeisten Daten nicht hinausdenken können.“
Beim Thema „Hand-Werk“ muss es freilich um viel mehr als um wirtschaftliche Aspekte gehen. Im elementarpädagogischen Kontext wohl vor allem um die ganzheitliche Bildung und Begleitung junger Menschen – umso mehr, als seit geraumer Zeit eine kognitive Überbetonung im Raum steht. Kinder lieben Erwachsene, die etwas können und die ihnen etwas zeigen können, damit auch sie zu KönnerInnen werden. Wird unser Bildungssystem diesem Anspruch gerecht? Und darf es uns wundern, wenn viele in diesem System auf der Strecke bleiben, wo „echte“ handwerkliche Arbeit, kreative Prozesse und künstlerischer Ausdruck an Bedeutung zu verlieren scheinen? Eine Alternative sind Werkschulen, die handwerkliche Bildung und Werkstoffkenntnisse vermitteln. Etwa jene, die ein Autor dieses Heftes, Peter Deinhammer, begründet hat. Dort sammeln Kinder und Jugendliche Erfahrungen mit den Materialien Holz, Eisen, Keramik und Textil. Dies ist umso bedeutsamer, als HandwerkerInnen und ihre Werkstätten fast völlig aus unseren Ortskernen und Stadtbildern verschwunden sind.
Jahrhunderte altes Wissen droht zu verschwinden – mit ein Grund, warum man in Friesach/Kärnten im Rahmen eines Langzeit- Projekts eine Burg in mittelalterlicher Art errichtet. Ein spannendes Projekt – auch für Kinder. Nicht bis ins Mittelalter, aber doch ca. 150 Jahre reicht die Tradition der Reformpädagogik mit ihren unterschiedlichen VertreterInnen zurück. Häufig gingen Initialzündungen für neue Konzepte vom Wunsch aus, junge Menschen gleichermaßen mit „Kopf, Herz und Hand” (J. H. Pestalozzi) anzusprechen.
Dass dies auch heute gelingen möge, wünscht von Herzen
Mag. Martin Kranzl-Greinecker
Redaktionsleitung
Inhaltsverzeichnis
der Ausgabe 3/2021
Unser Thema
Die Visionen der Reformpädagogik - Bildung und Erziehung haben sich weiterentwickelt
4
Bildung ist Arbeit - Arbeit ist Bildung - Kinder brauchen Erwachsene, die etwas können
9
Nachgedacht & ausgesprochen -
11
Unsere Praxis
Alles liegt in unserer Hand - Material und Werkzeug als Quelle für Inspiration, Kreativität und Lebenssinn
12
Hand aufs Herz - Was wären wir ohne unsere Hände?
18
Die Hand als Werkzeug des Geistes - Flow-Erlebnisse bei Kindern
20
Drei Bildungsminiaturen - Holzstücke werden zu Handys; Stich um Stich, Naht um Naht; Rosa näht ein Einhorn
22
Echtes Werkzeug - und zwar für alle - Warum hat Handwerk noch immer einen meist männlichen Touch?
24
Unsere Lebenswelt
Das Spiel mit den Puppen - Puppen sind Spiegel der kindlichen Seele
26
Unser Porträt
Franz Cižek - (1865 - 1946) Wiener Pädagoge und Pionier der Kunsterziehung
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Service
Bücher ... für Sie ausgewählt 34
Plattform 38
Praxis Spotlight
Wunderbare Orte - "Tiny Houses" zum Wohlfühlen
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