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Einfach loslassen

Rückzugsorte, Entspannungsmomente und Inseln der Ruhe

 

UKI_2_2021_Artikel

Schlafen und Rasten stellen einen bedeutenden Teil im Tagesablauf von Krippen- und Kindergartenkindern dar. In den pädagogischen Einrichtungen werden unterschiedliche Schlaf- und Entspannungskonzepte gelebt. Die häufigste Form geregelten und kollektiven Ruhens ist die „Mittagsschlafzeit“ bzw. die „Mittagsrast“.

Da das Bedürfnis nach Schlaf und Entspannung jedoch individuell und altersabhängig ist, werden unterschiedliche Ansprüche sichtbar. Kinder sollen selbstbestimmt entscheiden, ob sie die angebotene Ruhezeit in Anspruch nehmen. Entspannung wird erst dann möglich, wenn diese durch Freiwilligkeit geprägt ist und einem persönlichen Bedürfnis entspringt. Dies gilt auch für die Dauer einer Rast- oder Schlafphase. Kinder benötigen für ihre Entwicklung und ihr Wohlbefinden Ruhezeiten, vor allem auch außerhalb der üblichen Mittagsruhe.

Bedeutung individueller Ruhepausen

Persönliche Auszeiten sind für Kinder wichtig, damit sie nach einer intensiven Konzentrationsphase wieder Kraft und Aufmerksamkeit für weitere Tätigkeiten sammeln können. Sie kommen zur Ruhe und verarbeiten Erlebnisse und erworbene Informationen. Entspannungsphasen zeigen auch positive Auswirkungen auf die emotionale Verfassung sowie auf die Bereitschaft zur sozialen Interaktion. Frustrationstoleranz, Empathie und Emotionsregulation werden gestärkt – kurz gesagt: Ausgeglichenheit und Verträglichkeit nehmen zu. Auch Kooperationsfähigkeit und Rücksichtnahme sowie die Qualität des gemeinsamen Spiels nehmen zu. Selbstbestimmt handelnde Kinder bemerken die Signale ihres Körpers und lernen, auf eigene Bedürfnisse zu achten.

An Möglichkeiten für erweiterte Entspannungszeiten und deren Gestaltung mangelt es nicht. Hier einige Ideen:

  • „Höhlen- und Couchzeit“ (Stillbeschäftigungen in gemütlicher Atmosphäre mit Bilder-/Hörbüchern oder ruhigen Trödelspielen, z. B. Sensorikflaschen, Lavaröhren, Knautschtiere, Kaleidoskop etc.)
  • Stille- und Achtsamkeitsübungen (Wahrnehmen über die Sinne, z. B.: Welche Geräusche nehme ich wahr? Wie fühlt sich der Stein in meiner Hand an? Welche Details sind mir im Gruppenraum neu?)
  • Atemtechniken oder Kinderyoga (Bewusstes Ein- und Ausatmen, Hineinspüren in verschiedene Bewegungen …)
  • Fantasie- und Traumreisen (jahreszeitlich oder erlebnisbezogen, Natur- oder Fabelwesen einbauen …)
  • Massagen (gegenseitige Massagen oder Anleitung zum selbstständigen Massieren, evt. mithilfe von Geschichten, Gegenständen, Essenzen …)
  • Vorlesestunde oder Geschichtenzeit (auch als tägliches Ritual einsetzbar, z. B. anstelle des Mittagsschlafs).

 

Rückzugsmöglichkeiten

Kinder wählen sich vielfältige Rückzugsbereiche aus. Einige sind klar definiert, (z. B. der Lesebereich oder die Galerie in erhöhter Gruppenraumlage), andere zeichnen sich durch kreative und situative Gestaltung durch die Kinder selbst aus. Nicht immer braucht es eine vorbereitete Schlafumgebung oder geplante Angebote, damit Kinder rasten und zur Ruhe kommen können. Der pädagogische Alltag bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten, Rückzugsorte für Kinder zu schaffen:

  • Gemütlicher Rollenspiel- oder Kuschelbereich (ausreichend Platz zum Hinlegen)
  • Sinnesraum bzw. -bereich (Licht, Meditationsmusik, Sitzkissen, weiche Unterlage)
  • Höhlen, Zelte, Schachtelhäuser, Gartenhütte, „Baumhaus“
  • Hängematte oder Hängesessel (auch im Garten möglich)
  • Hörbuch-Station
  • Räumlichkeiten außerhalb des Gruppenraumes nützen und mit leisen und ruhigen Spielmitteln ausstatten
  • Ecken und Nischen sowie Materialen wie Decken, Tücher, Pölster und Schachteln laden zum Entspannen und zur Schaffung eines persönlichen Rückzugsbereiches ein. Sie sollten den Kindern zur freien Verfügung stehen und selbstbestimmt bzw. dem Ruhebedürfnis entsprechend verwendbar sein.

 

Bildnachweis: Mag.a Jasmin Gödl, MA

Mag.a Jasmin Gödl, MA

Jahrgang 1986. Kindergarten- und Hortpädagogin, Studium der Bildungs- und Erziehungswissenschaften sowie Studium der Angewandten Ethik. Seit 2014 Lehrende an der BAfEP Graz.

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