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Kinder kooperieren, weil sie dazugehören wollen


Wenn Kinder sich auf den Weg machen, um die Welt zu erkunden, stoßen unweigerlich auf viele Grenzen. Dazu gehört auch, dass sie täglich von früh bis spät hören, warum etwas (gerade jetzt) nicht geht oder warum genau jetzt etwas anderes zu tun wäre ...

 

UNSERE KINDER 1/2020

UKI_1_2020_Artikel_Kinder_kooperieren

Aus dem elementaren Bedürfnis dazuzugehören und für die Gemeinschaft wertvoll zu sein, tun Kinder häufig das, was Erwachsene in Familie und Institutionen von ihnen wollen. Kinder stellen dann ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche zurück, fügen sich ein, kooperieren. Weil Kinder auf gute Beziehungen zu Erwachsenen angewiesen sind, ist ihre Bereitschaft, mit ihren Bezugspersonen zusammenzuarbeiten (und nicht gegen sie zu agieren) sehr groß.

Die Entwicklungsforschung betont heute, dass Kinder von Anfang an mit der Fähigkeit zur Kooperation ausgestattet sind. Es zeigt sich in Verhaltensweisen wie Nachahmung, Hilfe geben und Zusammenarbeiten. Kooperation bedeutet jedoch nicht, dass Kinder ihren Bezugspersonen widerspruchslos gehorchen müssen. Der dänische Familientherapeut Jesper Juul (1948 – 2019) betont: „Wenn Kinder keine Möglichkeit haben, Nein zu sagen, können sie auch nicht Ja sagen.“

Kinder suchen einen Ausgleich

Es gibt Situationen, da verhalten sich Kinder partout nicht so, wie Erwachsene es gerne hätten. Wird die Bereitschaft von Kindern zu kooperieren und sich anzupassen überstrapaziert und ist dadurch ihr Streben nach Erfüllung ihrer Bedürfnisse, Wünsche und nach Wahrgenommen-Sein (Integrität) aus der Balance, suchen Kinder nach einem Ausgleich. Häufig werden Reaktionen, die ihr inneres Gleichgewicht und ihre Integrität wieder sichern, als trotziges, stures, tyrannisches Verhalten bezeichnet.

Wenn es den Bezugspersonen gelingt, sich immer wieder in die Bedürfnisse von Kinder einzufühlen – sich dadurch bewusst zu werden, dass eigene Ziele und Bedürfnisse auch entgegengesetzt sein können – schaffen sie einen dialogischen Raum, der zum Ausgleich zulässt, auf Wünsche der Kinder einzugehen, Ausnahmen zu ermöglichen oder Prioritäten neu zu überdenken.

Der Psychoanalytiker Helmuth Figdor umschrieb dies in einem UNSERE KINDER-Beitrag (4/2002) mit der Haltung der verantwortlichen Schuld: „Ich weiß, dass ich immer wieder an den Kindern schuldig werde, weil ich (konkrete) Bedürfnisse nicht erfülle, sie unterdrücke usw. Ich kann diese Schuld aber verantworten, weil ich erstens weiß, dass mir gar nichts anderes übrig bleibt, und weil ich zweitens weiß, dass das Kind nicht geschädigt wird, wenn ich ihm jetzt etwas verbiete. Also muss ich die Schuld an seinem Unbehagen, seiner Enttäuschung, nicht leugnen. Ich kann mich mit dem Kind identifizieren und versuchen, diese Schuld wieder gutzumachen. Und es wird mir gelingen, weil durch die Identifizierung mit ihm auch mein (anfänglicher) Ärger schwindet.“

Bildnachweis: denira/shutterstock.com
 

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